Bestandsaufnahme der Piratenpartei

Allgemeine Lage der Partei

Der Trend der Neueintritte in 2019 reichte nicht aus, um den Rückgang in der Mitgliederzahl insgesamt in diesem Jahr auffangen zu können. Die Gesamtmitgliederzahl fiel während 2019 von 8.563 Mitgliedern um 681 auf 7.882 Mitglieder und in 2020 auf 7.267 (-615). In den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 zogen wir mit etwa 6.100 Mitgliedern. Das Sinken der Mitgliederzahl lässt sich zum Teil damit erklären, dass in Landesverbänden aktiv Nichtzahler aus der Mitgliederdatenbank gestrichen wurden. Gleichzeitig war aber auch zu beobachten, dass Neumitglieder, die wegen des Kampfs für ein Urheberrecht ohne Uploadfilter in die Partei eintraten, desillusioniert die Partei verließen, nachdem diesem Thema nach der Europawahl nicht mehr der gleiche Stellenwert eingeräumt wurde, wie davor.

Abgeordnete in verschiedenen Ebenen

Die Piratenpartei ist nicht im Bundestag vertreten. Die Piratenpartei ist in keinem Landesparlament vertreten. Zahlreiche Piraten sitzen in Kommunalparlamenten. Im Europaparlament sitzt mit Patrick Breyer ein Pirat aus Deutschland.

Bundestagswahl

Bei der Bundestagswahl 2017 wählten 0,4% der Wähler mit der Zweitstimme die Piratenpartei, wir erhielten 173.476 Stimmen. Zur Bundestagswahl 2021 erzielte die Partei mit 0,4% und 169.889 Stimmen (-3.587) ein Ergebnis auf etwa gleichem Niveau. Auffällig ist, dass mit deutlich geringerer Mitgliederzahl (45% weniger Mitglieder) und damit auch deutlich weniger Aktiven im Wahlkampf das Ergebnis weitestgehend gehalten werden konnte. Die Piratenpartei landete damit noch vor Volt, dem ähnlichsten Wettbewerber unter den jungen Parteien, wurde aber von den neuen erstmalig angetretenen Parteien „die Basis“ (1,4%) und „Team Todenhöfer“ (0,5%) überholt. Die PARTEI konnte in dieser Wahl 1,0% erreichen. Ehemalige Wettbewerber wie ÖDP (0,2%), V-Partei³ (0,1%), DiB (0,0%) oder auch Die Humanisten (0,1%) scheinen in der Parteienlandschaft derzeit keine Rolle mehr zu spielen. Die Neue Liberale ist zuvor bereits in Volt aufgegangen, die BGE-Partei nicht angetreten. Gegen diese Parteien hat sich die Piratenpartei behauptet, was als Erfolg der Organisation gewertet werden sollte.

Europawahl

Bei der Europawahl im Mai 2019 erzielte die Partei 0,7%, so dass Patrick Breyer ins Europaparlament einzog. Dort sitzt er gemeinsam mit drei tschechischen Piraten, Marcel Kolaja, Markéta Gregorová und Mikuláš Peksa.

Kommunalwahlen

Bei den letzten Kommunalwahlen zeigte sich, dass die gefallene Mitgliederzahl sich in der Sichtbarkeit und Reichweite niederschlägt, was konsequenterweise Auswirkungen auf den Wahlerfolg hat. Sowohl hinsichtlich der Kandidaturen als auch dem Wahlkampf als solchem. In allen Bundesländern traten die PIRATEN in Kommunalwahlen teilweise in großen Städten und ehemaligen Hochburgen nicht an. Wir verloren viele Mandate in kommunalen Parlamenten, grob geschätzt konnte nur ein Drittel der Sitze gehalten werden. Beispiele:

  • Nordrhein-Westfalen (9/20) von 56 auf 10 (Stadträte und Kreistage, Ergebnisse)

  • Hessen (3/21) von 13 auf vier (Ergebnisse)

  • Niedersachsen (9/21) in den Kreisen von 9 auf 4 und den Gemeinden von 17 auf 9

Die nächsten Wahlen

Die kommenden Wahlen sind vier Landtagswahlen in 2022:

  • 27.3. im Saarland

  • 8.5. in Schleswig-Holstein

  • 15.5. in Nordrhein-Westfalen

  • Herbst 2022 Niedersachsen

Sichtbarkeit nach auĂźen

Für die Piratenpartei sitzen zahlreiche Mandatsträger in den kommunalen Parlamenten. Über deren Leistungen vor Ort wird verhältnismäßig wenig berichtet. Erfolge in der Politik vor Ort werden lokal wie darüber hinaus selten bekannt.

Skandale der Partei aus der Vergangenheit rücken aus dem Fokus. Julia Redas Parteiaustritt spielt heute eine nachrangige Rolle. Während des Bundestagswahlkampfes gab es im Gegensatz zu bisherigen nationalen Wahlen keinerlei negative Vorkommnissen. Dennoch gibt es scheinbar einen Nachhall in der Wahrnehmung als Chaoten, die zu fehlendem Vertrauen in der Umsetzungsfähigkeit unserer Vorschläge - und damit vermeintlicher Unwählbarkeit - führt.

Kompetenzen

Die Piratenpartei wird auf Bundesebene momentan in keinem klassischen Politikbereich als Impulsgeber wahrgenommen. Dies wird durch geringe Berichterstattung bzw. fehlende mediale Präsenz verstärkt/verursacht.

  • Durch die erfolgreiche Berichterstattung ĂĽber Erfolge vor Gerichten im Zusammenhang von Datenschutz und BĂĽrgerrechten kommt es zu vereinzelt medialer Präsenz. Die Menge der Artikel mit Nennung von Patrick Breyer in Online-Medien nimmt zu. Dies wirkt kompetenz-fördernd fĂĽr die Bundespartei in diesem Bereich.

  • Wenn auch auf niedrigem Niveau fanden häufigere Erwähnungen in B-Medien statt, ebenso wie kurze Auftritte in Funk und Fernsehen. Diese wurden begleitet von Gastauftritten in Podcasts, Streams und anderen Sendungen.

Kompetenz wird uns weiterhin im Bereich “Digitales” zugeschrieben, allerdings gibt es keine partei-eigene oder parteinahe Initiative, die sich im Namen der Piratenpartei auf Bundesebene für eine bestimmte Veränderung im Austausch mit Externen aktiv einsetzt.

Stellung der Gesellschaft zur Partei

Der Wahlkampf zeigte den Piraten, die Stände in Fussgängerzonen und ähnliches betrieben, dass die Mehrheit der Deutschen nach wie vor verhalten positiv überrascht ist, dass es die Piratenpartei noch gibt. Gleichwohl sind weder die Positionen noch die Positionierung oder die Werte, für die die Partei eintritt, in der Breite bekannt. Es besteht scheinbar die Schwierigkeit einer Verortung, Aussagen reichen von “Ihr seid doch diese freiheitliche Partei” bis zu “Ihr seid doch diese linke Partei”, wobei hierin zumeist ein Widerspruch gesehen wird. An einzelne Personen aus der Parteigeschichte wird sich allerdings in der Regel deutlich positiv erinnert.

Es gibt keine ausformulierte publizierte Vision, die den Menschen das Gesellschaftsbild der PIRATEN nahelegt oder dieses verständlich macht. Darüber hinaus verbindet nahezu keiner mit der Partei Gesichter oder bestimmte Menschen. Häufig wird noch auf Ex-Piraten verwiesen. Dieses Bedürfnis nach einer „Verbindung“ mit Personen erfüllen wir nicht, das Bedürfnis nach einer „menschlichen Identität“.

Ebenso scheint die Lage gespalten zu sein. Einerseits trifft man auf Forderungen konkreter Beiträge zum politischen Diskurs, andererseits wünschte man sich vor allem bürgerrechtlich-freiheitlihen Protest, der eher der Rolle einer Protestpartei zugeschrieben werden kann. In den Fällen, wo die Menschen von der Piratenpartei Konzepte erwarten, kommt dies einem Anerkennen vereinzelt tiefer Expertise gleich. Das führt allerdings zur Erwartung entsprechend schlüssiger, konfliktfreier Konzepte, in denen sich zeigt, dass man „das große Ganze“ verstanden hat und einen gangbaren Weg dahin aufzeigen kann. In Teilen ist dies vielleicht auch ein Test, wie politikfähig die PIRATEN nun seien.

Kontakt zu Stiftungen, Vereinen, Verbänden

Während in den Anfangsjahren viele Mitglieder sowohl in der Partei aktiv waren, als auch in zivilgesellschaftlichen Bewegungen und Verbänden, ist dies heute deutlich weniger der Fall. Dadurch fehlt uns eine wertvolle nachhaltige Vernetzung zu Verbänden, die dadurch durch andere Parteien dominiert werden können.

Kommunikation (intern und extern)

Kommunikationskanäle sind vor allem Pressemitteilungen und die Webseite. Darüber hinaus wird ein Twitterkanal, eine Facebook-Seite inklusive Gruppe, und ein Instagram-Account betrieben. Während des Wahlkampfes gab es regelmäßig Veranstaltungen auf Twitch. Pressemitteilungen (PM), die über den Massenversand ots verteilt werden, finden Eingang in diejenigen Medien, die ots unmittelbar wiedergeben (aka „PM-Schleudern“). Darüber hinaus ist es eher selten, dass PMs aufgegriffen werden.

Der Twitter-Kanal informiert mit seinen Tweets sowohl ĂĽber anstehende Veranstaltungen bundesweit und gliederungsĂĽbergreifend, teilt aber auch Tweets nahestehender Organisationen oder von Einzelpersonen (Journalisten, Basismitglieder, Youtuber, Karikaturisten). Der Twitterkanal hat 165,7T Follower (Juni 2020 163T). Facebook hat 72,9T Abonnenten (Juni 2020 69T). Der Instagram-Kanal hat 5.075 Abonnenten (Juni 2020 3.515). Der bisher kaum bespielte Twitch-Kanal hat 90 Abonnenten, der YouTube-Kanal hat 6.392 Abonnenten (+422 in diesem Jahr). (Alles Stand 6. Oktober 2021)

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